Gasnetz-Ausstieg mit Plan: Ein Gespräch mit Prof. Sebastian Fiedler

Herr Prof. Fiedler, Sie sind einer der Köpfe hinter der CONBAU Nord. Bevor wir über die Inhalte sprechen – wer sind Sie, was treibt Sie an?
Sehr gerne. Ich bin Sebastian Fiedler, Professor für Bauphysik und Technischen Ausbau an der Technischen Hochschule Lübeck, wo ich auch als Dekan den Fachbereich Bauwesen leite. Mein beruflicher Weg hat mich von der Planungspraxis in Architektur und Energieberatung über die Forschung bis hin zur Lehre geführt – immer mit dem Fokus auf das nachhaltige Planen, Bauen und Betreiben von Gebäuden.
Mich motiviert die Frage, wie wir unseren Gebäudebestand zukunftsfähig gestalten können – ökologisch, sozial und wirtschaftlich. Dabei treibt mich besonders an, komplexe Herausforderungen wie die Wärmewende nicht nur theoretisch zu diskutieren, sondern mit Studierenden und Praxispartnern gemeinsam Lösungen zu entwickeln. Es ist diese Verbindung von Lehre, Forschung und Praxis, die mich täglich begeistert.
Die CONBAU Nord wird von vier starken Partnern getragen – Sie sind Mitinitiator. Wie erleben Sie die Zusammenarbeit?
Die Zusammenarbeit mit der ARGE e. V., der IB.SH und der Messe NordBau ist für mich eine echte Bereicherung. Jede Institution bringt ihre Expertise, ihre Netzwerke und ihre eigene Perspektive ein – im Ergebnis führt das zu einer fundierten Programmgestaltung, die die relevanten Fragestellungen einbezieht und verknüpft. Diese Vielfalt stärkt die Qualität des Kongresses enorm.
Gerade in Zeiten beschleunigten Wandels brauchen wir Foren wie die CONBAU Nord, in denen sich Fachleute aus unterschiedlichen Disziplinen, Regionen und Praxisfeldern austauschen und gemeinsam antragfähigen Lösungen arbeiten. Genau darin liegt die Stärke dieser Veranstaltung – und auch ihre Strahlkraft.
Sie verantworten den Themenblock „Energieinfrastruktur und Gebäude“. Warum ist die CONBAU Nord die richtige Plattform dafür?
Ich halte es für dringend notwendig, über Bereichs- und Sektorengrenzen hinweg miteinander ins Gespräch zu kommen – auch um zu verstehen, was die anderen Akteure jeweils treibt oder hemmt. Die Herausforderungen der Wärmewende sind so komplex, dass sie nur gemeinsam zu bewältigen sind – im Zusammenspiel von Energieinfrastruktur und Gebäuden. Die CONBAU Nord schafft genau diesen Raum – interdisziplinär, lösungsorientiert, fachlich fundiert.
Was steht inhaltlich im Mittelpunkt?
Im Mittelpunkt steht die absehbare Stilllegung von großen Teilen der Gasverteilnetze – ein Thema, das aus meiner Sicht noch viel zu wenig Aufmerksamkeit erhält, obwohl es für Investitionsentscheidungen im Gebäudebereich eine entscheidende Rolle spielt. Wir widmen uns insbesondere der Frage, wie wir die Nutzung und Verteilung von Erdgas in der Fläche schrittweise und aufeinander abgestimmt zurückfahren können. Gleichzeitig müssen Strom- und Wärmenetze ausgebaut und dekarbonisiert werden. Das sind große infrastrukturelle Aufgaben, die darüber hinaus in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht eine enge Abhängigkeit zu Entscheidungen vieler einzelner Gebäudeeigentümer mit sich bringen. Genau diese Vielschichtigkeit wollen wir im Kongress abbilden und angehen.
Und was ist Ihnen in der Konzeption besonders wichtig?
Mir ist wichtig, den Blick auf das Gesamtsystem zu richten und alle relevanten Akteure einzubinden. Deshalb habe ich für diesen Themenblock drei Formate gewählt: Vorträge mit Lösungsansätzen aus der Praxis und Forschung bilden eine gemeinsame Grundlage. Darauf aufbauend vertiefen wir die Fragestellungen in einer moderierten Fish-Bowl-Diskussion mit Stimmen aus Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und Wissenschaft. Abschließend geben wir allen Teilnehmenden die Möglichkeit, im World Café eigene Perspektiven und Ideen einzubringen und gemeinsam an konkreten Lösungsansätzen zu arbeiten. Ziel ist, von der Analyse ins Handeln zu kommen.
Was wünschen Sie sich von der Diskussion auf der CONBAU Nord?
Ich wünsche mir eine lebendige Debatte – mit unterschiedlichen Perspektiven, kritischen Fragen und konstruktivem Austausch. Nur wenn wir verschiedene Blickwinkel zulassen, entsteht ein umfassendes Verständnis und daraus tragfähige Lösungen. Und ich hoffe, dass der Kongress nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch den Boden für neue Kooperationen bereitet – zwischen kommunalen Akteuren, Forschung, Wirtschaft und Politik. Denn eines ist klar: Die Wärmewende gelingt nur im Schulterschluss.
Vielen Dank für das Gespräch, lieber Herr Prof. Fiedler! Wir freuen uns auf den Kongress!
CONBAU Nord 2025